LG Bad Soden / Neuenhain

Leichtathletik

10. EWE Nordseelauf

Hinter dem Nordseelauf verbirgt sich eine vor 10 Jahren entwickelte Idee. Sie verbindet das intensive Kennelernen der einzigartigen Landschaft des Nationalparks Niedersächsisches Wattenmeer mit dem Motto „Mach nicht halt Lauf gegen Gewalt“. Somit erlebt man in 8 Tagen auf 8 Etappen 80 Km Distanz auf den Ostfriesischen Inseln und den Hafenstädten des Festlandes und lernt dabei nicht nur verschiedenste heausfordernde Untergründe und Witterungen kennen, sondern auch Land und Leute und die ganze muntere und bunte Laufgesellschaft, die dieses Event jedes Jahr aus den unterschiedlichsten Winkeln der Republik anlockt.
Damit alle sportlichen, gesellschaftlichen und auch organistorischen Aspekte optimal zusammenwirken können, wird die Veranstaltung von einem mannigfaltigen Team gestemmt: Die Nordsee GmbH, Trainer aus Hamburg, Reiseagentur, die Kirche im Tourismus, Eventagentur, Sponsoren - alle helfen mit und kreieren trotz des mittlerweile personenstarken Teilnehmerfeldes eine familiäre Athmosphäre.

Dieses Jahr standen nicht alle Ostfriesischen Inseln auf dem Programm wie noch 2001. Gelaufen sollte aber auf Juist, Norderney, Baltrum und Neuwerk werden, die eigentlich zu Hamburg gehört und vor Cuxhaven in der Elbmündung liegt.
8 Tage, 8 Etappen, 80 Km über die Ostfriesischen Inseln und das Ostfriesische Festland ! Genau mein Ding. Passte eh gut, da wir schon 2 Wochen vorher den Brüder Grimm Lauf mitgemacht hatten, einen Etappenlauf über 3 Tage und 82 Km durchs Kinzigtal.


Wir fuhren also am Freitag den 24.6. früh morgens in Frankfurt los und erreichten mit einem kleinen Umweg den Ort Esens am frühen Nachmittag. Dort bezogen wir rasch unsere Ferienwohnung da es schon kurz danach mit dem Bus zur abendlichen Auftaktveranstaltung nach Bensersiel gehen sollte wo wir im dortigen Kurbad unsere Startunterlagen bekamen und eine genaue Unterweisung über den Ablauf der einzelnen Etappen und Bekanntschaft mit dem Team bekamen, das aus Rund 15 Personen bestand, die den Lauf die komplette Woche begleiten sollten.

1. Etappe Norden-Norddeich (10,8 Km):

Vor dem Start haben wir zu dritt mit meinem Sohn erst mal die örtliche Seehund Aufzucht Station besichtigt und dabei viel Interessantes gesehen und über die kleinen Heuler gelernt. Süß war natürlich die Fütterung der fast 70 Robben aus der Flasche. Sehenswert und ein Muss wenn man schon mal da ist.
Diese 1. Etappe findet auf dem Festland statt und besteht aus 2 Runden über Deich, Hafenbecken und Parkanlagen. Sie startet am frühen Abend und ist traditionell gut besetzt, da Samstags noch mal viele Einzeletappenläufer aus den umliegenden Vereinen melden.
Schon vor dem Start fiel mir ein Läufer in einer Jacke von Wolfs Running Team aus Mainz auf. Martin Skalsky, eine echte Rakete und absoluter Anwärter auf den Tagessieg. Nach kurzer freudiger Begrüßung und Austausch von Infos stellte sich heraus, dass er hier oben für den Ironman Frankfurt trainiert und sein Wettkampfrad dabei hat. Er hatte lediglich für 6 Einzeletappen gemeldet, nicht aber für den gesamten Lauf, was mich etwas beruhigte ;-)
Kurz darauf lief mir ein weiterer Bekannter, Björn Kuttig über den Weg, mit dem ich bereits 2 Wochen vorher ein heißes Duell um den Gesamtsieg beim Brüder-Grimm Lauf hatte. Na Mahlzeit J . Also außer den lokalen Größen die eh jedes Jahr da sind auch noch Konkurrenz aus dem eigenen Bundesland. Den Top Favorit und 2-maligen Sieger aus Hamburg, Alex Heemke hatte ich bereits beim Hamburg Marathon kennen gelernt.

Startschuss um 19 Uhr und gleich ging die Post richtig ab. Martin vorne weg und einige junge Kerle aus der Umgegend hinterher, so das das Tempo schnell unter 3:30“ /Km fiel. Das ganze bei starkem Wind und nur 15°C. Wärend des Rennens fing es dann auch noch leicht an zu regnen. Also ein Auftakt nach Maß. Die jungen Hüpfer hatten sich schnell übernommen, so dass Björn, Alex und ich als einzige Verfolger von Martin in die zweite Runde gingen und am Schluss die Plätze aussprinteten. Es gab schließlich täglich eine Siegerehrung für die Plätze. Ich musste den 11 Jahre jüngeren Heemke ziehen lassen und mich mit Björn zeitgleich mit Platz 3 zufrieden geben. So war dann auch die erste Reihenfolge der Tourwertung, wo ich erst mal als 2. geführt wurde, was eine Überraschung war. Endzeit 38:20“, knapp 3:30“ Schnitt.
Kristin konnte sich mit einem eher verhaltenen Start trotzdem noch als 8. in den Top 10 platzieren und wurde 2. ihrer Altersklasse. Die Siegerehrung war dann leider total verregnet und wir haben erst mal gefroren. Dann Rückfahrt mit Bus nach Esens und Ende Tag 1.

2. Etappe: Juist, (6,3Km):

Wer nun denkt für 6,3 Km brauch ich mir doch gar nicht erst die Schuhe binden, wird sich wundern. Die Kürzeste ist auch gleichzeitig eine der schwersten Etappen. Außerdem muss man am gleichen Tag Abends auf Norderney noch ein mal 6,7 Km laufen. Die Insel Juist ist lang und schmal, daher ist es nicht verwunderlich, das man auf den 3 zu laufenden Runden quasi 6 mal die Insel überquert J Dabei muss man natürlich jedes mal über den Deich, runter zum Strand, ca. 500 m über lockeren Sand und dann wieder den Deich hoch. Mal 3 ergibt das einen schönen knackigen Crosslauf wo einem schnell die Puste ausgehen kann. Ist mir dann auch prompt passiert, weil ich der Meinung war auf der ersten Runde an der Spitze dran zu bleiben, die aus Martin und Crosslaufspezialist Björn so wie Alex bestand. Schon auf der zweiten Runde geplatzt und hab sogar noch Platz 4 abgeben müssen. 1:28 innerhalb 4,2 Km verloren L Ähnlich ging es Kristin, die auch nach schnellem Start auf der 2. Runde rausnehmen musste und auf Rang 9. ins Ziel kam. Pl. 2 AK gehalten.

3. Etappe: Norderney (6,7 Km):

Norderney ist wieder ganz anders als das völlig verkehrsfreie Juist. Hier gibt es deutlich mehr und auch größere Gebäude, richtige Straßen mit Straßenschildern und auch ein Kurhaus mit großem Park davor. In diesem sollten wir den Zieleinlauf genießen. Da wir uns morgens schon warm gelaufen hatten und die Etappe flach und asphaltiert war, ging sofort ‚ne richtige Hatz los. Tempo deutlich unter 3:30“/Km. Martin setzte sich schon nach dem 1. Km ab, während ich Windschattengeber für die anderen beiden spielte. Das wurde dann auch nach 4 Km bestraft. Als es auf die Strandpromenade ging konnte ich die 2 nicht mehr halten und musste alleine bis ins Ziel laufen wo ich 25 S Rückstand aufgebrummt bekam, aber mit der Zeit von 23:32“ trotzdem hoch zufrieden war. 3. Gesamt, 1. M45 mit mittlerweile 4 Min. Vorsprung auf Werner Kamps.
Kristin kam wieder als 9. ins Ziel und verpasste leider durch einen zu früh angesetzten Endspurt knapp den Tagessieg ihrer AK, die an diesem Abend geehrt wurde. Nach jeden Lauf werden neben der Gesamttageswertung nämlich auch eine Auswahl an AK-Gewinnern geehrt.
Auf der Rückfahrt nach Norddeich haben wir dann noch einige Seehunde auf der Sandbank liegen und dösen sehen.

4. Etappe: Dornumersiel (12 Km):

Diese Etappe findet auf dem Festland statt und man läuft teilweise auf dem Deich, teilweise dahinter und durch den Ort zurück zum Hafen. Da die deutlich länger war als alle anderen vorher, versuchte ich gleich von Anfang an Druck zu machen um zusammen mit Björn im Windschattenwechsel etwas Zeit auf Alex gut machen zu können. Das klappte auch gut, so dass wir uns schon nach 4 Km absetzen konnten und im strammen Wind gut zusammenarbeiteten, während die Verfolger einzeln liefen. Leider hatte der gute Alex mehr drauf als erwartet und holte uns mit einem beherzten Zwischenspurt bei Km 9 wieder ein, so dass wir am Schluss den Tagessieg wieder aussprinten mussten, wo er sich dieses mal gegen Björn durchsetzen konnte. Keine nennenswerte Veränderung im Gesamtklassement.
Kristin hatte einen guten Tag erwischt und konnte sich auf der 2. Hälfte der Etappe von der AK-Führenden lösen und ihr noch 48 s. abnehmen, so dass sie den Tagessieg der W35 landete und als 9. Gesamt einlief. Anschließend war noch Bergfest mit Livemusik und Grillen, da wir ja schon die Hälft der Etappengelaufen hatten. Schade war, das das Bier sehr teuer war L

5. Etappe: Bensersiel (13,5 Km)

Die längste und schwerste Etappe, da wir an diesem Tag 31-32°C gemessen haben und dazu noch ein starker Wind blies, der auf den ersten 5 KM von vorne kam. Leider meine schlechteste Etappe, nicht weil ich nicht hitzeresistent bin, sondern weil ich zu viel riskiert habe, am Anfang vorne im Wind Druck gemacht habe und später bei KM 9 auf dem Deich eingebrochen bin. In der ca 30° geneigten Deichschräge muss man fast 4 Km laufen was extrem unangenehm ist und auf die Sprunggelenke und den Rücken geht. Am Ende kam ich gemeinsam mit meinem nächsten Verfolger als 4. mit fast 2 Minuten Rückstand auf die beiden Führenden rein, womit die Messe gesungen war.
Kristin hatte einen extrem guten Tag und lief super bei der Hitze und holte sich nicht nur Gesamtrang 5. und 1. der AK, sondern rückte auch in der Gesamtwertung auf den 5. Platz nach vorne so wie 1. Ak, da sich wohl einige übernommen hatten.
Ich lief 51:15“, sie 1:07:07“. Anschließend gab es noch eine schöne Grillfeier für alle im Seebad Besersiel mit viel leckerem Essen. Dabei landeten noch einige Damen schreiend und in voller Montur im riesigen Seewasserpool.

Ruhetag, Mittwoch 29.6.:

An diesem Tag machten wir morgens nur ein kleines Recomläufchen durch den Ort um anschließend einen Trip nach Wilhelmshaven und in die Brauerei von Jever zu machen, wo es ein sehr interessantes Brauereimuseum gibt und natürlich jede Menge leckeres Pils vom Fass J Das haben wir dann auch ausgiebig genossen. Überrascht wurden wir allerdings beim rauskommen aus der Brauerei von einem Regenguss und Temperatursturz von ca. 10°C innerhalb von Minuten. Prompt nen Schnupfen eingefangen da wir ja in T-Shirts unterwegs waren L

6. Etappe: Baltrum (10,6 Km)

Die kleinste und schönste Insel auf der wir waren. Hier gibt es nur Pferdefuhrwerke und Fahrräder. Die Straßen haben keine Namen und die Häuser sind nach ihrem Erbauungsjahr nummeriert. Wegen der geringen Größe werden 2 Runden gelaufen, von denen jeweils 1,5 Km durch die Dünen mit tiefem Sand und Karnickellöchern führen. Nicht einfach also. Trotzdem wurde wieder scharf gelaufen und Björn konnte sich nach einem fulminanten Zwischenspurt von mir nach der ersten Runde bei Km 7 von seinem ärgsten Verfolger lösen und entscheidende Zeit in den Dünnen rauslaufen, um den Gesamtvorsprung auszubauen, der bis dahin nur 14 Sekunden betrug. Ich selbst blieb an Alex dran und verlor nur einige Sekunden. Endzeit 38:41“, also eine superschnelle Etappe für die Bodenverhältnisse.
Leider war es bei Kristin genau umgekehrt. Durch das tiefe Geläuf und verborgene Nachwirkungen des Schräglaufens von der 5. Etappe hatte sie mit den Auswirkungen einer Blockade im LWS-Bereich zu kämpfen. Kein Genuss auf der zweiten Runde, dafür Schmerzen und Frust. Ganz bitter trotz der noch guten Zeit von 53 Minuten. Immerhin war ein Chiropraktiker im Läuferfeld, der zumindest das Gelenk direkt nach dem Lauf auf der grünen Wiese hinter dem Dorfbrunnen wieder richten konnte.
Auf der Rückfahrt mit der Fähre konnten wir dann an der Landspitze von Norderney noch mal eine große Ansammlung von Seehunden aus nächster Nähe auf dem Strand liegen sehen.

7. Etappe: Nordholz(8,7 Km)

Krasser Wetterwechsel am Freitag als wir die Überführung von Esens nach Cuxhaven fahren. Kalt, windig, regnerisch. Da zeigt die Nordsee ihr gemeines Gesicht. In Nordholz war es dann zwar trocken, aber der Wind setzte uns ordentlich zu, so dass gelaufen wurde wie beim Radrennen , immer schön Windkante. Keiner wollte führen und das Tempo wurde immer wieder verschleppt und dann wieder angezogen. Leider machte mir ein Einzeletappenläufer den Traum vom Etappensieg zunichte, nachdem sich Martin am Vortag nach 6 Etappen mit 6 Siegen verabschiedet hatte. Wir hatten doch viel Kraft gelassen so dass ich ihn nach 5 Km ziehen lasen musste und trotz harter Arbeit im Wind mit 16 s Rückstand auf Platz 3 rein kam, da mich der Lutscher Alex auf den letzten 50 m noch absprintete. Nicht die feine Englische. Endzeit 31:02“
Kristin konnte die Etappe nur verhalten und unter Schmerzen joggen und verlor fast 10 Minuten, womit das Rennen um die Plätze für sie quasi gelaufen war und es nur noch darum ging, überhaupt anzukommen.

8. Etappe: Cuxhaven (8,1 Km)

Eigentlich sollten wir mittags mit der Fähre nach Neuwerk auf die Insel gebracht werden, um dann bis abends zu warten bis die Ebbe einsetzt und über das Watt zurück nach Cuxhaven zum Strandstadion ins Ziel zu laufen. Das wären 12 Km durchs Watt und Priele gewesen. Riesen Gaudi. Leider machte uns das schlechte Wetter einen Strich durch die Rechnung, so dass die Fähren nicht in Neuwerk anlegen konnten. Zu starker Wind, zu hohe Wellen. Also hat der Veranstalter kurzerhand einen Wattlauf in Cuxhaven aus dem Boden gestampft, der etwas kürzer war. Super reagiert, tolle Orga, Hut ab ! Der Lauf führte vom eigentlichen Ziel, das nun auch Start war, erst mal direkt ins Watt wo wir ca. 2,2 Km quer zum Strand durch tiefe Pfützen und größere Wasserflächen liefen so das es nur so spritzte. Aber das Wasser war an den tiefsten stellen maximal knietief, so dass es gut ging. Ich hatte mir vorher schon grosse Löcher in meine alten Brooks Axiom geschnitten, um weniger Wasser aufzunehmen und das aufgenommene schneller wieder zu verlieren. Ebenso den Sand und Schlick, durch denn man rennt. Von den Wattwürmern gar nicht zu reden ;-)
Das funktionierte super, so dass ich auf dem anschließenden Asphaltstück hinter dem Deich trotz starkem Gegenwind noch mal ordentlich Druck machen konnte. Da hatte sich Björn schon mit 2 Einzeletappenläufern abgesetzt und ich hatte nur noch Alex die Sogzecke im Kreuz. Er hielt den Windschatten auch noch bis Km 7, wo wir wieder über den Strand ins Watt mussten, um die letzten 800 m noch mal durchs Wasser zu laufen. Er ließ mich nach der Sprinteinlage vom Vortag aber dieses mal ziehen und bedankte sich noch höflich für den Windschatten. So lief ich zum wiederholten Male als 4. durchs Ziel (28:56“) und wurde insgesamt 3. des EWE Nordseelaufs. Meine AK hatte ich am Ende mit über 20 Minuten Vorsprung gewonnen, da ich mit jeder Etappe eigentlich stärker wurde.
Leider konnten Kristin und ich diese letzte Etappe nicht mehr zusammen bestreiten und sie schloss mich im Ziel wartend erst mal in die Arme. Die Schmerzen waren einfach mittags noch zu stark, so dass ein Start unter diesen Bedingungen zu gewagt gewesen wäre. Vernunft war hier einfach angebrachter als Ehrgeiz. Hut ab vor der Entscheidung, auch wenn es mich sehr traurig gemacht hat.

Trotzdem hatten wir noch mal eine spektakuläre Siegerehrung mit Filmteam und Radiomoderator.

Vielleicht bis nächstes Jahr/Übernächstes an der Nordsee,

eure Frank Wiegand und Kristin Müller
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